AKTUELLES AUS DEM SCHULLEBEN

„Sturm und Drang“ meets Jugendkultur-Heute

Über die SELF-Tage Deutsch/ Kunst der 10. Jahrgangsstufe, 30./31.3.2022

In der deutschen Literatur des ausgehenden 18. Jahrhunderts wendeten sich junge Schriftsteller – wie zum Beispiel Goethe, Herder und Schiller – gegen Autorität und Traditionen. Indem sie entsprechend ihres Lebensgefühls neue Themen behandelten und individuelle Formen dafür entwickelten, brachen sie in ihren literarischen Werken oftmals damals geltende Regeln. Die Dichter des so genannten Sturm und Drang hinterfragten sowohl die alles bestimmende Vernunft der ‚Aufklärung‘, wie auch die damals geltenden teilweise repressiven Moralvorstellungen. Stattdessen rückten ein – für die damalige Zeit neues – Persönlichkeitsbewusstsein (Mensch als unverwechselbares Individuum), das individuelle Gefühl und ein neuartig inniges Verhältnis zur Natur ins Zentrum der literarischen Aussage. Der Konflikt der nach Freiheit strebenden Jugend in den Schranken der bestehenden Weltordnung war ein immer wiederkehrendes Thema ihres Schreibens, denn sie wollten etwas verändern.

Mit diesen Ausdrucksformen hatten sich die Zehntklässer*innen im Deutschunterricht beschäftigt und zum Teil als Unterrichtslektüre Goethes ‚Werther‘ und ‚Die neuen Leiden des jungen W.‘ gelesen und besprochen.

Den ersten der beiden SELF-Tage nutzten die Klassen 10a und 10b mit ihren Lehrerinnen Frau Meißner und Frau Fernandes nun dazu, sich noch eingehender mit Goethe und der Strömung des Sturm und Drang zu beschäftigen.

Mit dem Bus ging es nach Frankfurt um sich im dortigen Goethe-Haus sowie im daran angebauten, sehr modern ausgestatteten Romantik-Museum über Zeit und Werk des großen Dichters zu informieren. Bei einer  Führung durchs historische Goethe-Haus konnten unter anderem sowohl die damalige Küche mit Pumpe und Spülstein, Goethes Schreibstube und Bibliothek, die „für damalige Zeiten wenigstens wundersame Uhr“ Hüsgen-Uhr und einige andere erstaunliche Details der Goethezeit besichtigt werden.
Ein Vortrag über Goethes ‚Werther‘ und ein selbstständiger Streifzug durch das kurzweilig gestaltete Romantik-Museum rundeten den informationsreichen ganztägigen Ausflug ab.  

Am zweiten Tag der SELF-Tage wurde der Schwerpunkt dann auf die eigenen Ausdrucksformen gelegt. Er fand unter der Regie der Kunstfachschaft (Frau Thiele, Frau Walter und Frau Zimmer) statt. Auch hier beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler weiter mit Goethe, indem sie Zitate des Dichters mit Themenbereichen, die ihnen selbst wichtig sind (z.B. Krieg, Klimawandel, Schulsystem, Tierschutz) kombinierten. Das Ziel der Arbeit war die künstlerische Visualisierung eines Anliegens der Zehntklässer*innen, die in Kleingruppen gemeinsam erarbeitet werden sollten. In einem Einführungs-Vortrag über politische Kunst wurde zunächst gezeigt, welche eindrucksvollen Möglichkeiten exemplarische Künstlerinnen und Künstler bereits gefunden hatten, um ihre politischen Aussagen öffentlich zu machen.

Jugendkultur, die eigentlich immer mit Provokation und/oder dem Brechen von Regeln einhergeht, findet ihren Weg heutzutage meist über die digitalen Medien. Weil die Gestaltungsformen frei wählbar waren, wurde eine überwiegende Mehrheit der Arbeiten dann auch auf Tablets gestaltet.

Die Fachschaft Kunst stellte ein Padlet mit Apps, Bildmaterial und Arbeitsbeispielen zusammen, auf dem herumgestöbert werden durfte.

Als Aufwärmübung war von jeder der zehn Kleingruppen zuerst ein Drake-Meme zu gestalten. Danach ging es los: Nach einer kurzen Phase der Ideenfindung und Konzeption machten sich alle ans Werk. Die einen drehten im Schulhaus, andere gingen außerhalb auf Bilderjagd, wieder andere diskutierten sich im Klassenzimmer die Köpfe heiß. Es wurde probiert, gesammelt, verworfen und so entstanden an diesem lebendigen Vormittag eine Menge spannender Arbeiten, wie Memes, Film-Clips, Comics, Plakate oder Bildmontagen.

Abschließend wurden die Beiträge im Plenum vorgeführt und gemeinsam besprochen.

Frei nach Goethe: Man reist ja nicht um anzukommen, sondern um zu reisen.
Goethe, J. W., Gespräche. Mit Caroline Herder, 4. bis 8. September 1788

 

Autorin dieses Beitrags: B. Thiele, Abbildungen aus den Arbeitsergebnissen, Gruppenbild: A. Markert